Buchtip:
Lügendes Licht: Die dunklen Seiten der Energiesparlampe
Lügendes Licht

Die dunklen Seiten der Energie­spar­lampe

 

»Die Sparsamkeit der Glühbirne liegt in der Zeit, in der sie nicht brennt.«
Ulf Erdmann Ziegler

Schnellinfos:

»Sparlampen«
Dämpfe, Quecksilber und Lichtqualität
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LEDs
Blaulicht, Blendung & Lichtflimmern
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Lampenvergleich
Glüh, Halogen, Spar & LED im Vergleich

 

Kartelle


Phoebuskartell

Auf der ersten Elektrizitätsaustellung 1881 in Paris wurden Lampen mit einer Brenndauer von durchschnittlich 1586 Stunden präsentiert. 1

Am 12.1.1901 schliessen sich in Berlin neben Siemens & Halske und AEG mehrere mittelständische Unternehmen zur Vereinigung deutscher Elektrizitätsfirmen (VDE) zusammen, deren Satzung unter anderem vorsieht, die Preise für alle angemessen zu halten bzw. zu steigern. 2

"Aus regionalen Glühlampenkartellen entstand am 24. Dezember 1924 die Phoebus S.A., die weltweit Marktanteile und Preise und Lebensdauer für Glühbirnen festsetzte" 3

 

Einflußreiche Mitglieder sind Osram (Deutschland), International (USA), Philips (Holland), Compagnie des Lampes (Frankreich), Associated Electrical Industries (England) und Tungsram (Ungarn). 4

Das Kartell will durch gemeinsame Propaganda und Aufklärung der Verbraucher anregend auf den Lichtkonsum wirken.4

1925 werden nach Gründung des 1000 Hour Life Commitee5 gestaffelte Konventionalstrafen für kürzere oder längere Brenndauern eingeführt.

Fines6 for the 4th Fiscal Period
Average Lamp & Fine in Swiss Francs per Thousands units sold of the ratings mentioned in Clause during the Fiscal Period ending 30th June 1929
0 - 599 hours
20
600 - 799 hours
5
800 - 1750 hours
no fine
1751 - 2000 hours
20
2001 - 2500 hours
50
2501 - 3000 hours
100
over 3000 hours
200

1925 wurde die Lebensdauer der Glühbirnen von 5.000 Stunden auf 2.000 und nachdem 2. Weltkrieg noch einmal auf die heutigen 1.000 Stunden reduziert.7

Der letzte Geschäftsbericht von Phoebus8 datiert aus 1940/41, danach verliert sich die Spur

Und das meint Osram in seiner Jubiläumsbroschüre dazu:

»Es kam zur Gründung einer Gesellschaft Schweizer Rechts, der ›Phoebus S.A.‹

Aus Europa vertreten waren OSRAM, die niederländische Philips, die britische G.E.C., die französische Compagnie des Lampes, die österreichische Firma Kremenezky, die ungarische Vereinigte (Tungsram), die italienische Società Edison Clerici sowie Firmen aus Spanien. Schwedische und schweizerische Firmen stellten gemeinsam mit mittelständischen deutschen Glühlampenherstellern einen Vertreter. Zunächst war an eine Laufzeit von zehn Jahren gedacht. Als sich der Vertrag bewährte, wurde er verlängert. 1940 wurde er durch die Kriegsereignisse hinfällig.«.

100 Jahre Osram [Seite 34]13

 

Erich Fried und das Glühbirnenkartell14

Das GlühbirnenbuchHelmut Höge, Taz-Journalist und Co-Autor des Glühbirnenbuchs hat ein aufschlussreiches Interview mit dem Dichter Erich Fried über seine Glühbirnenerfindung und die Wirkungsweise des Kartells geführt.

Erich Fried verbesserte Glühbirnen für die kleine Wiener Glühbirnenfabrik Orbis, die außerhalb des Glühbirnenkartells stand, damit diese als sockelfeste Glühbirnen nach Frankreich geliefert werden konnten. Leider wurde aus dem Geschäft nichts, weil der französische Partner in einen Finanzskandal verwickelt war. Später kontaktierte ihn der Chefingeneur von Osram, Herr Geiger, mit folgenden Worten:

»Junger Mann, wenn Sie schon so intelligent sind, so etwas zu erfinden, wieso sind Sie dann nicht intelligent genug zu wissen, wo man das anbieten muss? Wir hätten das schon allein deswegen aufgekauft, damit es uns Ärger erspart.«

Und Erich Fried antwortete:

»Grad deswegen habe ich es Ihnen nicht angeboten.«

Das Kartell kämpfte gegen schon bestehende Herstellungsverfahren bei kleinen Firmen, indem es Patentprozesse anstrengte, um die betroffenen Firmen zu lähmen oder sogar zu ruinieren.

Im Fall Orbis banspruchte das Kartell Rechte für ein Herstellungsverfahren, welches Orbis schon länger verwendete. Durch Vorlegen von Birnen, bei denen eine Jahreszahl am Sockel eingeprägt war, wurde der Prozess gegen das Kartell schnell gewonnen.

Später wurde die Orbis-Glühlampenfabrik arisiert und für einen Pappenstiel an Osram verkauft.

Das vollständige Interview ist in der TAZ14 und im Glühbirnenbuch15 nachzulesen.

 

Weitere Kartelle

Der an der Berliner TU arbeitende österreichische Techniker Günther Luxbacher erwähnt in seinem Buch „Massenproduktion im globalen Kartell“9 (GNT Verlag, Berlin 2003) ebenso weltweite Konzernabsprachen in der Beleuchtungsindustrie.

Bespiele für weitere Kartelle sind das Stromkabelkartell 10a und das Schienenkartell. 11

Beim Kabelkartell mußte die Firma Alcatel 97 Millionen Mark und Siemens, der ehemalige Mutterkonzern von Osram, 88 Millionen Mark Strafe zahlen. 10b

Laut einem Bericht von Standard.at12 ermittelt das deutsche Bundeskartellamt wegen Preisabsprachen in einem Bierkartell.

Laut der Printausgabe vom 23./24.März 2013 wurden 15 Drogerieartikelhersteller zu 63 Millionen Euro, elf Süßwarenhersteller zu 60 Millionen und drei Kaffeeröster zu 60 Millionen Euro Strafzahlungen wegen Kartellverstößen verurteilt.

 

Die bisher höchsten EU-Strafen

wegen Kartellbildung

Bildschirmhersteller 1,47 Mrd.€
Autoglasherstelle 1,19 Mrd.€
Zinsabsprachen €-Derivate 1,04 Mrd.€
Radlagerhersteller 953 Mio.€
Aufzug- und Rolltreppenherst. 832 Mio.€
Flugfrachtleistungen 799 Mio.€
Vitaminhersteller 790 Mio.€
Kerzenwachshersteller 676 Mio.€

Diese Zahlen stammen aus der Printausgabe der Tageszeitung »Die Presse« von Sa., 28. Juni 2014 [Beilage »Europa vertiefen« Seite IV]16

Viele Menschen haben ein Glühbirnenkartell nicht für möglich gehalten und es als Verschwörungstheorie abgetan. Wer noch immer an der Existenz von Kartellen zweifelt, kann sich die Entscheidungen des österr. Kartellgerichtes17 aus den Jahren 2013 und 2014 ansehen.

 

Trailer des Films "Bulb Fiction" zum Thema Kartellbildung


mehr über "Bulb Fiction" filmtips

 

Filmtip:

Die Wegwerfer
Die Wegwerfer

Kaufen für die
Müllhalde (Arte)

 


Quellenhinweise:

1 "Vom Krieg des Lichts zur Geschichte von Glühlampenkartellen" [S.356] von Markus Krajewski aus "Das Glühbirnenbuch"

2 "Vom Krieg des Lichts zur Geschichte von Glühlampenkartellen"[S.354] von Markus Krajewski aus "Das Glühbirnenbuch"

3 "Elektrokartelle" [S.395] von K.R. Mirow aus "Das Glühbirnenbuch"

4 "Vom Krieg des Lichts zur Geschichte von Glühlampenkartellen"[S.364f] von Markus Krajewski aus "Das Glühbirnenbuch"

5 "Vom Krieg des Lichts zur Geschichte von Glühlampenkartellen"[S.367f] von Markus Krajewski aus "Das Glühbirnenbuch"

6 "Vom Krieg des Lichts zur Geschichte von Glühlampenkartellen"[S.369] von Markus Krajewski aus "Das Glühbirnenbuch"

7 "Sollbruchstellen"[S.406] von Helmut Högei aus "Das Glühbirnenbuch"

8 "Vom Krieg des Lichts zur Geschichte von Glühlampenkartellen"[S.370] von Markus Krajewski aus "Das Glühbirnenbuch"

9 "Massenproduktion im globalen Kartell“ -Günther Luxbacher>

10a Monopolisten unter sich (zeit.de)

10b Korrekte Buchhaltung (spiegel.de)

11 Schienenkartell: voestalpine als Kronzeuge (nachrichten.at)

12 Bierkartell: Deutsche Brauereien unter Verdacht (derstandard.at)

13 100 Jahre Osram - Broschüre (pdf)

14 Ätzt den Teller von außen rauh! - taz.de

15 "Der Glühbirnenerfinder"[S.75ff] von Helmut Höge aus "Das Glühbirnenbuch"

16 Harte Strafen gegen Kartelle und Preisabsprachen -Die EU-Kommission hat allein zwischen 2010 und 2014 über acht Milliarden Euro an Strafen verhängt. - diepresse

17 Entscheidungen des Kartellgerichts - justiz.gv.at